Das wars! – ein trauriger Appell

Nahezu unbemerkt ist sie verschwunden. Ein Aufbegehren oder gar Widerstand gegen das finale Ausradieren war und ist aus offenkundigem wie allseitigem Desinteresse nicht zu verzeichnen. Was ist geschehen?: Die Buchhandlung Bock & Seip auf dem Campus der Universität des Saarlandes wurde zum Ende November (2023) geschlossen. Mehr als 40 Jahre hat sie seit ihrer Eröffnung im Oktober 1983 bestanden und unbestreitbar das universitäre Leben lange Zeit mitgeprägt. Es ließe sich deshalb auch von einer Institution sprechen. Ihr Verlust hinterlässt eine Lücke. Das ohnehin nach Corona stark veränderte und eher reduzierte Leben auf dem Campus wird sicherlich ärmer; und zwar auf Dauer.

Die Entscheidung von Bock & Seip, die Filiale auf dem Uni-Campus zu schließen, ist in Anbetracht der Historie alles andere als leicht gefallen. Ausschlaggebend sind indes anzuerkennende betriebswirtschaftliche Erwägungen. Zentral ursächlich für die Schließung ist freilich das veränderte Nutzerverhalten. Verantwortlich für das Desaster sind mithin letztlich wir alle. Denn es werden augenscheinlich keine Bücher mehr benötigt; vor allem nicht über den stationären Buchhandel.

Warum muss also eine Buchhandlung auf dem Campus einer Universität und damit in einem intellektuell-wissenschaftlichen Biotop schließen? Die Gründe sind sicherlich vielfältig. Maßgeblich sind zunächst das Ob und Wie des Lesens überhaupt. Spezifisch im akademischen Bereich lassen sich allerdings einige totbringende Faktoren destillieren. Zum einen ist dies der Befund, dass nicht wenige Studiengänge mittlerweile „ohne Buch“ bewältigt werden können. Studieren bedeutet nicht mehr, Papier zu konsumieren (= Buch/Bücher lesen). Zum anderen haben Bachelor- und Masterstudiengänge angesichts einer grundsätzlich angelegten Schmalspur zur Entbuchung des Studiums beigetragen. Zugenommen hat – von der Schule kommend – die Bedeutung von digitalen Medien und digitalem Lernen. Insofern hat Corona mit seinen Bewältigungsstrategien nicht nur zu einer Entvölkerung der Uni, sondern eben auch dazu beitragen, dass angesichts eines sich ausdehnenden digitalen Kosmos das Lesen von Büchern als vormodern, wenn nicht sogar als altmodisch angesehen wird.

Das Lamento ist freilich alles andere als hilfreich. Denn es verstellt den Blick darauf, mit welchen modernen Mechanismen der Wert der Lektüre eines (Papier-) Buches akzentuiert bzw. dieser Wert stets neu entdeckt werden kann. Die Rede ist von intellektuellem Genuss, von Neugier und Wissendurst; einschließlich dem berühmten Blick über den Tellerrand. In diesen Zusammenhang darf der Hinweis nicht fehlen, dass den neuen Medien in den meisten Fällen lediglich unterstützende Funktion zukommen kann. Oder anders ausgedrückt: Wissenschaft setzt Lesen von – mitunter komplexen – Texten voraus. Was kann dies besser als ein Buch?!

Das Verschwinden der Campus-Buchhandlung von Bock & Seip stellt wegen des Verlustes eines breit gefächerten und anregenden Buchangebots, das durch den Versandbuchhandel nicht annährend kompensiert werden kann, nicht nur einen Verlust für die Wissenschaften in der Universität dar. Vielmehr menetekelt die Schließung der Filiale eine zunehmende akademische wie kulturelle Verarmung. Deshalb ein Appell: Buchhandlungen müssen nicht sterben! Um der Bücher willen!

Gedicht von Diana Kühner-Mert

Katz und Maus

Ratternd knabbert die Maus am Papier
Der Einband ist schon halb verdaut
Scroll. Warenkorb. Jetzt kaufen. Klick.
Sie ist ein nimmersattes Tier.

Jeff Bezos hat die Katze vergiftet.

Sie frisst die Kapitel, die Zeile, das Wort
Multiple Choice. A, B, C. Klick.
Nagt rasch sich durchs Großhirn.
Chat GPT. Ergebnis sofort.

Sam Altman hat die Katze überfahren.

Sie frisst und wirft und der Wurf frisst auch
Schluckt Formeln, Gedanken, würgt Poesie
Das letzte Regal weicht der gierigen Schar.
Klick. Vorbei. Weiter tippelt der prallsatte Bauch.

Larry Page hat die Katze in den Fluss geworfen.
Die Eule schläft.

B&S

Prof. Dr. Guido Britz

Rechtsanwalt
Strafrecht
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