Betrunken auf dem E-Scooter: eine teure und folgenreiche Erfahrung

05.01.2021, Dr. Kai-Daniel Weil

Die Fortbewegung per E-Scooter ist in aller Munde: Aber sollte man ihn auch nach einem feucht-fröhlichen Abend nutzen, statt etwa zu Fuß zu gehen?

Man stelle sich folgenden Sachverhalt vor: Die Corona-Pandemie ist weitestgehend unter Kontrolle gebracht und es findet im kommenden Herbst – allerorts sehnlichst erwartet – wieder ein Oktoberfest statt. Um dieses Ereignis gebührend feiern zu können, soll es ein feucht fröhlicher Abend werden, sodass bewusst und vorbildlich auf eine An- und Abreise mit dem eigenen PKW verzichtet wird.

Stattdessen erfolgt am frühen Morgen kurzerhand – anstatt eines kurzen Spaziergangs – der spontane Entschluss den Heimweg per E-Scooter zurückzulegen. Doch bereits nach ca. 300 m wird das freudige Unterfangen jäh beendet: Es findet eine Polizeikontrolle statt. Die hierbei entnommene Blutprobe ergibt eine BAK von 1,35 Promille.

Das BayObLG München (Beschl. v. 24.07.2020 – 205 StRR 216/20) hat hinsichtlich eines solchen Sachverhaltes die Verurteilung des Fahrers des E-Scooters durch das AG München wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr bestätigt. Dieser wurde zu einer Geldstrafe verurteilt und war seine Fahrerlaubnis – die behördliche Genehmigung zum Führen eines Kraftfahrzeugs, nachgewiesen durch den Führerschein – los! Denn das BayObLG München ordnete die E-Scooter als Fahrzeuge im Sinne von § 316 StGB – also wie bspw. einen PKW – ein, sodass folglich auch dieselben Promillewerte wie bei einem PKW heranzuziehen waren. Während eine relative Fahruntüchtigkeit in diesem Sinne bei 0,3 Promille angenommen werden kann, wenn freilich weitere (Ausfall-)Erscheinungen hinzutreten, liegt eine weitestgehend strikt gehandhabte, absolute Fahruntüchtigkeit ab einer BAK von 1,1 Promille vor. Demgemäß wurde der Fahrer, unabhängig von etwaigen Begleitumständen, verurteilt; die für Fahrradfahrer geltende Grenze von 1,6 BAK fand folglich hierauf keine Anwendung. Zudem griffen die Gerichte zu äußerst einschneidenden Maßnahmen: Es wurde sowohl ein dreimonatiges Fahrverbot verhängt, als auch (für sieben Monate) die Fahrerlaubnis entzogen. Mit anderen Worten: Um sicherzustellen, dass der Angeklagte weder innerhalb von drei Monaten nach der Tat Kraftfahrzeuge jedweder Art, also auch E-Scooter, noch bis zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis – nach erforderlicher Neubeantragung – einen PKW führt, schoss es mit Kanonen auf Spatzen.

Somit ist festzuhalten, dass selbst moderne Möglichkeiten der Fortbewegung, wie bspw. die derzeit vor allen Dingen in deutschen Großstädten populären E-Scooter, althergebrachten (straf-)rechtlichen Grenzen unterliegen, sodass im Zweifelsfall eigenständig zu überprüfen ist, ob eine solche (Schicksals-)Fahrt angetreten werden sollte. Denn auch hiermit bewegt man sich nicht in einem rechtsfreien Raum, sodass dies nicht nur teuer, sondern gar bis hin zum Verlust der Fahrerlaubnis mit anschließender Neubeantragung inklusive Medizinisch-Psychologischer Untersuchung – MPU, im Volksmund „Idiotentest“ genannt – und mithin zu einer folgenreichen Erfahrung führen kann.

Dr. Kai-Daniel Weil

Rechtsanwalt
Zertifizierter Compliance Officer (C.H. Beck)

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