Hätten Sie's gewusst: Müssen Zeugen bei der Polizei erscheinen und eine Aussage machen?

05.06.2023, Dr. Kai-Daniel Weil

Eine Stellung als Zeuge in einem Strafverfahren ist schnell begründet, wenn man bspw. an einen Autounfall denkt, den man zufällig beim Spaziergang in der Stadt beobachtet hat. Werden sodann die Personalien aufgenommen, flattert im Nachgang in aller Regel auch eine Vorladung zu einem Vernehmungstermin bei der Polizei ins Haus. Doch muss man als Zeuge dort erscheinen? Und wenn ja: Muss man auch in jedem Fall aussagen? Bei der Beantwortung dieser Fragen ist zwischen zwei grundlegenden Aspekten zu unterscheiden: der Frage nach der Verpflichtung zum Erscheinen und der Frage nach der Aussageverpflichtung.

1.

Die Verpflichtung von Zeugen zum Erscheinen bei der Polizei hängt grds. von der Art der Vorladung ab. Sofern jener Ladung nämlich ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt, bestünde zunächst zumindest die Pflicht zum Termin zu erscheinen (§ 163 Abs. 3 StPO). Ob dem Vorgang ein solcher Auftrag zugrunde liegt, muss aus der Ladung ersichtlich werden. Sollten bereits insoweit Unsicherheiten bestehen, sollten Sie sich entsprechend beraten lassen. Denn nur nach Sichtung der eigentlichen Vorladung kann diese Frage mit hinreichender Sicherheit beantwortet werden.

Anzumerken ist jedoch, dass eine solche Ladung mit einem entsprechenden Auftrag der Staatsanwaltschaft theoretisch auch nachgeholt werden kann, sofern dies in einem ersten Schritt unterblieben und man (berechtigterweise) nicht zum Termin erschienen ist. Somit kann einer entsprechenden Verpflichtung zum Erscheinen bei der Polizei grds. nach neuerer Rechtslage nur noch bedingt entgegengetreten werden; zumal diese mit Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann.

2.

Gewissermaßen unabhängig hiervon ist die Frage der Pflicht zur Aussage zu behandeln. Denn selbst bei einer grds. Verpflichtung zum Erscheinen kann ein sog. Zeugnis- oder zumindest Auskunftsverweigerungsrecht bestehen. Während das Erstgenannte bspw. bestimmte Verwandtschaftsverhältnisse oder dergleichen betrifft (§§ 52 ff. StPO) können Antworten auf solche Fragen verweigert werden, mit denen man sich oder Angehörige selbst belasten würde (§ 55 StPO).

Sofern derartige, im Einzelfall zu prüfende Gründe, insbesondere der erstgenannten Art, vorliegen, bietet es sich an, die Ermittlungsbehörden vorab telefonisch oder schriftlich darüber zu informieren, dass bspw. das Zeugnis verweigert wird. Denn in solchen Fällen verzichtet die Polizei dann oftmals auf die Ladung, sodass mithin auch die etwaige Pflicht zum Erscheinen hinfällig wird.

Sollten Sie dennoch unsicher sein, wie Sie sich im Ernstfall verhalten sollen, stehen wir Ihnen zur Beantwortung Ihrer Fragen sowie als Zeugenbeistand bei Vernehmungen gerne zur Verfügung.

Dr. Kai-Daniel Weil

Rechtsanwalt
Zertifizierter Compliance Officer (C.H. Beck)

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