Zur Strafbarkeit von Autorennen

Auf YouTube war er mit spektakulären Biker-Videos präsent. Vor kurzem wurde Alperen T. – genannt „Alpi“ – vom Landgericht Bremen wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt. Bei einer seiner Motorradfahrten mit überhöhter Geschwindigkeit hatte er einen Mann überfahren, der die Straße überqueren wollte. Neben solchen „Raser-Fällen“ beschäftigen die Justiz in den letzten Jahren aber auch Fälle, in denen auf öffentlichen Straßen illegale Autorennen veranstaltet werden; zum Teil mit gravierenden Folgen.

Ein Beispiel hierfür ist der sog. Kudamm-Fall:

Mit ihren Sportwagen trugen zwei Männer nachts auf dem Kudamm in Berlin ein spontanes Rennen aus. Wiederholt wurde beim Passieren einer Kreuzung die rote Ampel missachtet. Mit einer Geschwindigkeit von mindestens 160 km/h rammte einer der „Rennfahrer“ das Fahrzeug eines ordnungsgemäß die Kreuzung befahrenden Mannes. Dieser verstarb an den Unfallfolgen.

Die Gesetzeslage bei ungenehmigten Kfz-Rennen wird sich künftig aller Voraussicht nach ändern. Wie stellen sich also die aktuelle und künftige Rechtslage dar?

Zur aktuellen Rechtslage: Strikt zu differenzieren ist zwischen dem Ordnungswidrigkeitenrecht (OWiG) einerseits und dem Kernstrafrecht (StGB) andererseits. Demnach kann die schlichte Teilnahme an einem illegalen Kfz-Rennen (nur) als OWiG sanktioniert werden, wenn bei dem Rennen nichts weiter passiert ist; wenn es also nicht zu Personen- und/oder Sachschäden gekommen ist. Einschlägig sind die Vorschriften nach § 29 Abs. 1 StVO (Verbot von Rennen mit Kraftfahrzeugen) iVm. § 49 Abs. 2 Nr. 5 OWiG. Es können ein Bußgeld bis zu € 400.- und ein einmonatiges Fahrverbot verhängt werden. Kommt es hingegen zu Personen- und/oder Sachschäden, kann das Verhalten indessen als (kern-) strafrechtliches Unrecht bestraft werden. Das mögliche Spektrum reicht von der fahrlässigen Körperverletzung bis zum Mord bzw. der vorsätzlichen Tötung. Hinzu kommen – je nach spezifischem Sachverhalt – die Straßenverkehrsdelikte nach §§ 315 c, 315 b, 316 StGB. Auf der Rechtsfolgenseite sind dann Geld- oder Freiheitsstrafe möglich. Zudem kann die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre mit Blick auf deren Wiedererteilung verhängt werden.

Zur künftigen Rechtslage: Ausgehend von einer entsprechenden Gesetzesinitiative der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen wurde der Entwurf eines Strafrechtsänderungsgesetzes zur Strafbarkeit nicht genehmigter Kraftfahrzeugrennen im Straßenverkehr erarbeitet. Dieser Entwurf vom 01.07.2016 wurde in leicht modifizierten Fassung im September 2016 vom Bundesrat angenommen. Aktuell liegt er dem Bundestag vor. Es sollen die Straftatbestände der §§ 315 d, 315 f StGB-E eingeführt und eine Ergänzung in § 69 Abs. 2 StGB durch eine Nr. 1a vorgenommen werden. Nach § 315 d StGB – es handelt sich um die zentrale Neuerung – soll künftig mit einer Freiheitsstrafe bis zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft werden können, wer im Straßenverkehr ein nicht genehmigtes Kraftfahrzeugrennen veranstaltet oder an einem solchen Rennen teilnimmt. Hierbei handelt es sich um ein abstraktes Gefährdungsdelikt. Kommt es des Weiteren zu einer vorsätzlichen oder auch nur fahrlässigen konkreten Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremder Sachen von bedeutendem Wert, greifen straferweiternd § 315 d Abs. 2, 3 StGB-E ein. Die Vorschrift des § 315 d Abs. 4 StGB beinhaltet – wiederum straferweiternd – eine Erfolgsqualifikation für den Fall, dass durch die Tat der Tod oder eine schwere Gesundheitsbeschädigung eines anderen Menschen oder eine Gesundheitsschädigung einer großen Zahl von Menschen verursacht werden. Schließlich soll mit § 315 f StGB-E die Möglichkeit eröffnet werden, die beim illegalen Rennen eingesetzten Kraftfahrzeuge einzuziehen.

Die Einführung von Straftatbeständen mit einer Hochstufung eines OWiG-Tatbestandes zu § 315 d StGB-E im Zentrum ist mit verschiedenen Überlegungen unterlegt. So wird die bisherige Rechtslage mit Blick auf eine effektive Abschreckungswirkung als unzureichend empfunden. Illegale Autorennen gelten darüber hinaus per se als äußerst gefährlich. Hinzu kommt, dass Gefahren für hochrangige Rechtsgüter wie Leib oder Leben eintreten können. Umgekehrt wird aber auch bezweifelt, dass Autorennen mit gravierenden Folgen zugenommen haben, sodass ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf letztlich nicht gesehen wird. Hinzu kommen einzelne Kritikpunkte an der beabsichtigten Neuregelung. Freilich war Rechtspolitik in der Vergangenheit teilweise durchaus von postfaktischen Elementen durchsetzt. Will heißen: Eine Neuregelung ist eher wahrscheinlich.

Prof. Dr. Guido Britz

Rechtsanwalt
Strafrecht
Strafprozessrecht

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