Zu besonderen Anlässen mit einem Glas Sekt anzustoßen, kann als traditionell bezeichnet werden. Es darf zuweilen einfach nicht fehlen. Das neue Jahr mit etwas Prickelndem im Glas zu begrüßen, um damit zugleich das vergangene zu verabschieden, gehört bei vielen Menschen schlicht zum Jahreswechsel: Prosit neu Jahr!
Dass der Staat (auch) von und an diesem Vergnügen profitiert, hat indessen kaum jemand auf dem Schirm, wenn die Korken knallen und das gefüllte Glas erhoben wird. Das Instrument des fiskalischen Zugriffs ist die sog. Sektsteuer. Es geht um das Schaumwein- und Zwischenerzeugnissteuergesetz; kurz und zungenbrecherisch: SchaumwZwStG. Im Gegensatz zu anderen Gesetzen ist der Legislative zu diesem kein euphemistischer Titel eingefallen.
Die sog. Sektsteuer ist ein weiteres Beispiel für den zähneknirschend hinzunehmenden Befund, dass der Steuerstaat gewissermaßen unersättlich ist. Zu erinnern ist in diesem Zusammenhang beispielsweise an den „Soli“, der bei seiner Einführung im Juli 1991 lediglich für ein Jahr erhoben wurde, dessen Faszinosum jedoch zur Wiedereinführung im Jahre 1995 führte; unterlegt mit dem nicht zu haltenden Versprechen der zeitlichen Endlichkeit. Mithin kann der Solidaritätszuschlag mit Blick auf 1995 in diesem Jahr ein 30jähriges Jubiläum aufweisen. Die Glückwünsche werden dürftig ausfallen, lässt sich unschwer prognostizieren.
Allerdings ist der „Soli“ insofern nichts zur sog. Sektsteuer. Diese existiert nämlich seit dem Jahre 1902. Sie geht zurück auf den „Entwurf eines Schaumweinsteuergesetzes“, welches als Aktenstück Nr. 127 den Reichstagsprotokollen des letzten Jahrhunderts entnommen werden kann:
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser und König von Preußen, verordnen in Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§. 1.
1. Gegenstand der Besteuerung
Der zum Verbrauch im Inlande bestimmte Schaumwein aus Traubenwein, aus Obst- oder Beerenwein (Fruchtwein) oder aus weinhaltigen oder weinähnlichen Stoffen unterliegt einer in die Reichskasse fließenden Verbrauchsabgabe (Schaumweinsteuer).
Zur Begründung wurde angeführt:
"Zur Deckung des Aufwandes für die Flottenvermehrung (…)"
War diese Begründung spätestens zum Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr tragfähig, blieb es dennoch in der Weimarer Zeit weiter bei der Besteuerung. Während des Dritten Reichs wurde die Schaumweinsteuer – wohl auch aus eher populistischen Gründen – zunächst im Jahre Machtergreifung (1933) zwar nicht abgeschafft, sondern auf Null gesetzt, um sodann 1939 eine Wiedergeburt zugunsten der Finanzierung der U-Boot-Flotte zu erleben. Die sog. Sektsteuer überdauerte als geltendes Recht der bundesrepublikanische Nachkriegszeit. Im Gegensatz dazu wurde in der DDR eine vergleichbare oder identische Besteuerung nicht initiiert. Im Rahmen des Europäischen Binnenmarkts wurde im nunmehr vereinigten Deutschland aus dem Schaumweinsteuergesetz das bereits erwähnte SchaumwZwStG.
Die sog. Sektsteuer kann damit auf eine mehr als hundertjährige Geschichte zurückblicken. An ihr lassen sich Zeitläufte und politische Strömungen abbilden. Ihr Aufkommen ist freilich zu gering (hierzu: Preuschat, FAZ v. 31.12.2024: Wie der Staat am Sekt verdient), um sie beispielsweise in der gegenwärtigen Lage als Abgabe für den Ukrainekrieg, oder für die Behebung von Infrastrukturmängel, oder zur Bekämpfung von Defiziten im Bildungssystem einzusetzen. Sie trägt deshalb ebenso schlicht wie schnöde zur allgemeinen Staatsfinanzierung bei. Die Akzentuierung der sog. Sektsteuer in der Geschichte verweist darauf, dass der Erhebung von Steuern und Abgaben zuweilen auch eine klare Symbolik zugrunde liegen kann.
Zur Ernüchterung, aber auch zum erheiternden Abschluss die gesetzessprachliche Beschreibung des Steuergegenstandes nach der aktuellen Rechtslage:
"Schaumwein im Sinne dieses Gesetzes sind alle Getränke, die in Flaschen mit Schaumweinstopfen, der durch eine besondere Haltevorrichtung befestigt ist oder die bei + 20 Grad Celsius einen auf gelöstes Kohlendioxid zurückzuführenden Überdruck von 3 bar oder mehr aufzuweisen und die zu den nachfolgenden Positionen oder Unterpositionen der Kombinierten Nomenklatur gehören (…)"
Alles Klar? …. Na denn Prost?