Die richtige Vorsorge für den Ernstfall - Teil 1: Die Patientenverfügung

10.08.2018,

Mit zunehmendem Alter beginnen viele, sich Gedanken über die richtige Vorsorge für den Ernstfall, sprich Krankheit und Tod, zu machen. Dabei ist die Beschäftigung mit diesem Thema auch schon in jüngeren Jahren angezeigt. Die Begriffe Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht sind vielen vom Namen her bekannt. Über ihre rechtliche Bedeutung und Zielrichtung bestehen aber meist viele Irrtümer.

Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der sogenannten Patientenverfügung. Der Sinn und Zweck dieses rechtlichen Konstrukts sowie deren inhaltliche Regelungen sind meist nicht ausreichend bekannt. Hinzu kommt die große Anzahl an Entscheidungen der Gerichte und des Bundesgerichtshofes, welche hinsichtlich der Wirksamkeitsanforderungen an eine solche Verfügung für zusätzliche Verwirrung sorgen.

Gerade in einer Zeit, in welcher die Lebenserwartung stetig ansteigt, drängt sich die Frage der rechtlichen Vorsorgemöglichkeiten auf. Schicksalsschläge, wie Krankheit, Unfall und insbesondere Demenz, können jeden treffen. Aus diesem Grund hat die rechtliche Konstruktion der Patientenverfügung in den letzten Jahren an Publizität zugenommen.

Hintergrund für das Bedürfnis einer Patientenverfügung ist die Tatsache, dass jede medizinische Behandlung der Einwilligung des Patienten bedarf. Dies folgt daraus, dass auch der ärztliche Heileingriff, rein rechtlich betrachtet, faktisch eine Körperverletzung darstellt. Um sich nicht strafbar zu machen, bedürfen Mediziner daher einer Rechtfertigung für die Durchführung ihrer Behandlung. Kann ein Patient diese Einwilligung aufgrund seines Zustandes nicht mehr rechtlich wirksam erteilen, so muss der Versuch unternommen werden, seinen mutmaßlichen Willen festzustellen. Dies übt in Eilfällen enormen Druck auf die Ärzte aus. Eine Patientenverfügung kann die Situation jedoch entscheidend entschärfen.

Die Patientenverfügung erhält eine vom (späteren) Patienten getroffene vorsorgliche Regelung eventueller medizinischer Behandlungen für den späteren Fall der Einsichts-, Einwilligungs- und oder Äußerungsunfähigkeit. Sie stellt somit die Handlungsanweisung an das medizinische Personal für den Fall dar, dass der Patient nicht mehr der Lage ist, die erforderliche Einwilligung abzugeben oder zu verweigern.

Die Patientenverfügung wird in § 1901a des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) aufgegriffen. Nach dieser Vorschrift kann eine einwilligungsfähige volljährige Person für den Fall ihrer Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festlegen, ob sie in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen ihres Gesundheitszustandes, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder diese untersagt, § 1901a I 1 BGB.

Inhaltlich wird in der Patientenverfügung folglich die Entscheidung über die Zulässigkeit, die Reichweite und die Intensität späterer medizinischer Handlungen getroffen. Der spätere Patient erteilt oder verweigert — vorweggenommen und im Zustand geistiger Entscheidungsfähigkeit — die Einwilligung in ärztliche Behandlungen. Aus diesem Grund muss diejenige Person, welche eine Patientenverfügung erstellt, zum Zeitpunkt der Errichtung sowohl einwilligungsfähig als auch volljährig sein, § 1901a I 1 BGB.

Wichtigste Voraussetzung der Verfügung ist deren Bestimmtheit. Denn gerade im Falle einer „unbestimmten“ Patientenverfügung, wird diese durch das medizinische Personal im Zweifel nicht angewandt werden. Die Folge kann ein zeit- und kostenintensives Prozessieren durch mehrere Instanzen sein, welches permanent um die Frage der Wirksamkeit der Verfügung kreist. Dies ist meist mit hohen Kosten für zwischenzeitliche Unterbringung und Versorgung des Patienten verbunden. Hinzu kommen die psychischen Belastungen innerhalb der Familie, welche diese Situation mit sich bringt.

Mit der Problematik der Bestimmtheit hat sich der BGH insbesondere mit dem Beschluss vom 08.02.2017 (Az. XII ZB 604/15) befasst. Nach seiner Auffassung sind strenge Anforderungen an die konkrete und hinreichend bestimmte Ausformulierung der Patientenverfügung zu stellen.

Durch diesen Beschluss hat der BGH einmal mehr zu erkennen gegeben, welch enorme Bedeutung er den Anforderungen an die Bestimmtheit der einzelnen Regelungen einer Patientenverfügung zukommen lässt.

Aus diesem Grund ist Vorsicht bei der vorschnellen Verwendung von Musterverfügungen geboten. Ferner sollte die Person, welche ein Patientenverfügung abgibt, sich auch im Detail mit deren Folgen und deren inhaltlichen Umfang konkret auseinandersetzen. In diesem Zusammenhang wird deutlich, dass eine entsprechend qualifizierte Beratung wichtig ist. Die Beratung soll nicht nur das Ziel, die Erstellung einer wirksamen Patientenverfügung, herbeiführen. Sie soll vielmehr dazu dienen, alle aufkommenden Fragen restlos aufzuklären — dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese Verfügungen das eigene Leben betreffen.

Im Gegensatz zur dargestellten Patientenverfügung, welche sich an das medizinische Personal im Ernstfall richtet, befasst sich die sogenannte Vorsorgevollmacht im Kern mit dem Fall der rechtlichen Vertretung und eventuellen Betreuungssituation. Bezüglich der Hintergründe einer Vorsorgevollmacht wird auf den Beitrag „Die richtige Vorsorge für den Ernstfall - Die Vorsorgevollmacht“ verwiesen.

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