Erbschaftstipp: Erbausschlagung für Fortgeschrittene

25.10.2019, Hans-Robert Ilting

Ein Erbe kann die Erbschaft, die ihm aufgrund gesetzlicher Erbfolge oder aufgrund eines Testaments zufällt, ausschlagen. Dabei muss er eine Sechs-Wochenfrist beachten. Das ist gemeinhin bekannt.

Man kann die Ausschlagung aber sogar nach Ablauf dieser Frist nachholen, insbesondere wenn der Erbe über die Wertigkeit des Nachlasses eine falsche Vorstellung hatte, sich also irrte. In der Juristensprache geht es dann um die „Anfechtung der Versäumung der Ausschlagungsfrist“. Genau so anspruchsvoll wie diese Fachbezeichnung sind aber auch die Voraussetzungen. Denn aus Sicht eines Juristen kann man nur dann irren, wenn man sich irgendeine Vorstellung gemacht hatte, weil ein Irrtum juristisch das Auseinanderfallen von Vorstellung und Wirklichkeit ist. Wer sich demzufolge keine Vorstellung von etwas macht, kann auch nicht irren. Das gilt auch, wenn der Erbe vorschnell ausgeschlagen hat.

Das hat sich eine Erbin vom Oberlandesgericht Düsseldorf in einer Entscheidung vom 19.12.2018 sagen lassen müssen, als sie etwas voreilig die Erbschaft der Schwester ausschlug. Die daraufhin vom Gericht eingesetzte Nachlasspflegerin fand ein Sparbuch mit beträchtlichem Guthaben. Die Ausschlagung nun im Nachhinein einfach anzufechten und das Erbe anzunehmen, das machten die Richter in Düsseldorf nicht mit. Schließlich habe sich die Erbin überhaupt keine Gedanken über den Nachlass gemacht und keine Ermittlungen angestellt. Sie habe blindlings die Erbschaft in „Bausch und Bogen“ ausgeschlagen. Folglich habe sie sich gar nicht über die Wertigkeit des Nachlasses geirrt und mangels Irrtums sei sie daher auch keiner Fehlvorstellung erlegen. Es blieb daher bei der Ausschlagung.

Die verhinderte Erbin musste erkennen: Es ist gar nicht so einfach, sich „richtig“ zu irren. Selbst bei einem solchen Thema kann juristische Hilfestellung sich also lohnen.

Hans-Robert Ilting

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Erbrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)

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