Gut gemeint und schlecht geschrieben

22.12.2017, Hans-Robert Ilting

Die kinderlos verstorbene Erblasserin hinterließ zwei (!) inhaltsgleiche Testamente mit (auszugsweise) folgendem Wortlaut:

„Testament

Mein letzter Wille ist es, dass nach meinem Tod aus meinem Nachlass mein Neffe A, meine Nichten C, D, E und F je € 10.000,00 erben sollen.

Meine Eigentumswohnungen in Stadt 1 sowie in Stadt 2 sollen meistbietend verkauft werden.

Mein Vermögen soll in eine Stiftung für einen guten Zweck eingehen und ein Teil zur Sanierung eines sakralen Baues.

Ich hoffe, später noch nähere Anweisungen erteilen zu können.

Die in meinen Wohnungen befindlichen Sachen sollen je nach Interesse unter die aufgeführten Verwandten verteilt werden, der zum Teil wertvolle Schmuck ebenfalls….“

Jeder einzelne Satz ist juristisch brisant. Kein Wunder, dass der Fall vor einem Oberlandesgericht landete, das in einem sehr umfangreichen Beschluss seitenweise den Versuch unternehmen musste, durch Auslegung den Wünschen der Erblasserin Geltung zu verschaffen. Dass die eingangs erwähnten Neffen und Nichten mangels Verwandtschaft rechtlich gar keine Neffen und Nichten waren, war noch das geringste Problem. Immerhin waren die Personen namentlich und außerdem bestimmte Beträge genannt. Wer aber nun die Eigentumswohnungen verkaufen sollte war ebenso unklar wie die Institution, die „mein Vermögen“ erhalten und einen Teil davon „zur Sanierung eines sakralen Baues“ verwenden sollte. Angesprochen fühlte sich die Stadt als örtlichem Träger der Sozialhilfe, die auch einen Erbschein beantragte, allerdings bislang vergeblich. Das Gericht erwog nämlich auch, dass evtl. eine kirchliche Stiftung als Erbe gewollt gewesen sein konnte.

Überhaupt äußerte das Gericht auch Zweifel, ob denn überhaupt ein wirksames Testament vorliege, da möglicherweise der sogenannte Testierwille fehle, und zwar im Hinblick auf die Formulierung, dass eventuell „später noch nähere Anweisungen“ erteilt würden.

Und auch die letzte Verfügung, wonach „je nach Interesse“ unter den Verwandten Sachen und Schmuck verteilt werden sollten, wurde als unklar empfunden.

Abschließend entschieden ist die Sache noch immer nicht. Klar ist nur eins: Ein Testament muss zwischen Erbeinsetzung und Vermächtnis trennen und eindeutige Formulierungen enthalten, ansonsten jahrelange kostenintensive Streitigkeiten drohen. Juristische Beratung tut also Not.

Hans-Robert Ilting

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Erbrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)

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