Vorsicht bei der Erbausschlagung!

14.12.2015, Hans-Robert Ilting

Eine (noch dazu unverhoffte) Erbschaft ist in der Regel etwas Erfreuliches. Aus verschiedenen Gründen kann sich allerdings alsbald Ernüchterung einstellen, so z. B. wenn die Erbschaft mit einem oder gar mehreren Miterben zu teilen ist (und dann im wahrsten Sinne des Wortes eine Erbauseinandersetzung sich anschließt), oder sich die Erbschaft schlicht als „faules Ei“ und damit als eine pure Last entpuppt.

Das beginnt schon damit, dass der Erbe als erstes die Entscheidung treffen muss, ob er die Erbschaft überhaupt antritt. Entgegen landläufiger Meinung muss er dazu aber nicht etwa tätig werden. Die Erbschaft gilt vielmehr nach dem Gesetz schon als dem Begünstigten endgültig „angefallen“, wenn innerhalb einer Frist von sechs Wochen keine Ausschlagung erfolgt. Auch der Beginn der Frist ist schon problematisch: Ist dem Erben nämlich kein eröffnetes Testament zugestellt worden, weil mangels Testament die gesetzliche Erbfolge gilt, ist der Beginn der Ausschlagungsfrist schon nicht sicher zu bestimmen. Die Frist selbst läuft dann auch noch schnell ab, innerhalb derer der Erbe dann, wenn keine klaren Verhältnisse vorliegen oder mangels Kontakt zu dem Erblasser kein Überblick über die Vermögensverhältnisse besteht, alsbald recherchieren muss, ob durch Überschuldung des Nachlasses die Ausschlagung angezeigt ist. In Ausnahmefällen kann die Versäumung der Ausschlagung der Anfechtung allerdings angefochten werden, z. B. wenn nachweislich Unklarheit darüber bestand, dass die Erbschaft überschuldet ist.

Die Ausschlagungserklärung selbst und auch die Anfechtung der Annahme der Erbschaft (die ja, wie eben ausgeführt, automatisch eintritt) muss in sogenannter öffentlicher Form, d. h. über eine notarielle Erklärung bzw. Aufnahme einer Erklärung beim Nachlassgericht, erfolgen. Aber auch dieser Schritt muss wohl überlegt sein: So birgt eine formelhafte Erklärung, man schlage die Erbschaft „aus allen Berufungsgründen“ aus, ein Risiko für diejenigen, die dem Grundsatz nach pflichtteilsberechtigt sind. Denn grundsätzlich führt eine Ausschlagung auch zum Verlust von Pflichtteilsrechten. Das ist natürlich nur in den seltensten Fällen gewollt. Problematisch ist die Situation z. B. dann, wenn jemand zwar als alleiniger Erbe oder Miterbe eingesetzt ist, aber durch Vermächtnisse, Auflagen, Teilungsanordnungen oder die Einsetzung als Vor- oder Nacherbe beschränkt wird. Dann besteht die Möglichkeit, durch eine Ausschlagung wenigstens den Pflichtteil ungeschmälert zu erhalten. Wie eine solche Ausschlagungserklärung allerdings zu formulieren ist, ist bis heute noch streitig. Hier tut also eine rechtzeitige juristische Beratung unbedingt Not.

Problematisch ist auch die Ausschlagung, wenn Abkömmlinge des Ausschlagenden vorhanden sind. Denn denen fällt die Erbschaft zunächst einmal an und diese müssen dann ebenfalls ausschlagen. Sofern die Abkömmlinge minderjährig sind, müssen die Eltern diese Erklärung abgeben. Praktische Probleme in der Umsetzung ergeben sich dann, wenn eine familiengerichtliche Genehmigung der Erbausschlagung für das minderjährig Kind erforderlich wird.

Fazit: Jedenfalls dann, wenn unklar ist, ob der Nachlass nicht etwa überschuldet ist, muss sich der Erbe umgehend beraten lassen. Die Ausschlagungsfrist ist kurz.

Hans-Robert Ilting

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Erbrecht
Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)

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