Abwerbung am Arbeitsplatz

Was vor einigen Jahren noch eher Theorie war, ist zwischenzeitlich an Schwerpunkt in der anwaltlichen Beratung sowohl auf Arbeitgeberseite als auf Arbeitnehmerseite. Unser Fachanwalt für Arbeitsrecht Rechtsanwalt Dr. Dönneweg weist auf einige Grundregeln im Zusammenhang mit Abwerbeversuchen am Arbeitsplatz hin:

Grundsätzlich ist es zulässig, dass Wettbewerber Arbeitnehmer an ihrem Arbeitsplatz anrufen. Es gilt dies sowohl für den Dienstanschluss als auch für das private Handy (so zuletzt OLG Frankfurt 09.08.2018 – AZ. 6 U 51/18).

Der Anrufer muss zu Beginn des Gesprächs nachfragen, ob der Angerufene am Arbeitsplatz ist. Erlaubt sind nur solche Anrufe, die einer ersten kurzen Kontaktaufnahme dienen, bei welcher sich der Anrufer bekannt macht, den zwecks seines Anrufs mitteilt und das Interesse an einem vertieften Kontakt abfragt. Folgekontakte am Arbeitsplatz sind hingegen wettbewerbsrechtlich unzulässig.

Nach der Rechtsprechung sind folgen Grundsätze zu beachten, die sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von Bedeutung sind:

Wird der Umworbene auf seinem privaten Telefon angerufen, liegt kein Wettbewerbsverstoß vor.

Gemäß § 3 I UWG ist die Herstellung eines Erstkontaktes während der Arbeitszeit und unter zu Hilfenahme der Betriebsmittel des aktuellen Arbeitgebers zulässig [1]. Nach dem BAG ist diese erste Kontaktaufnahme nicht wettbewerbswidrig, wenn der Mitarbeiter lediglich nach seinem Interesse nach einer neuen Stelle befragt, diese kurz beschrieben und gegebenenfalls eine Kontaktmöglichkeit außerhalb des Unternehmens besprochen wird. Von Bedeutung ist damit auch die Dauer des Gesprächs. Eine wenige Minuten überschreitende Gesprächsdauer ist nach Ansicht des BAG ein Indiz dafür, dass der Anrufer bereits den ersten Kontakt in wettbewerbswidriger Weise genutzt hat (weil er dann länger Einfluss auf diesen ausüben könnte). Daher hat der Anrufer zunächst kurz festzustellen, ob der Mitarbeiter überhaupt Interesse hat. Erst wenn dies der Fall ist, ist eine nähere Umschreibung der Stelle und bei weiterem Interesse die Vereinbarung einer Kontaktaufnahme außerhalb des Arbeitsbereichs zulässig. Andernfalls liegt Wettbewerbswidrigkeit bzw. Störung der betrieblichen Abläufe vor (Dies ist zB. dann der Fall, wenn der Abwerber bei dem Erstgespräch auf den Inhalt des Lebenslaufs und bisherige Tätigkeiten eingeht [2]).

Keine Rolle spielt nach dem BGH, ob für Anrufe bei Mitarbeitern anderer Unternehmen zu Abwerbungszwecken das Festnetz- oder Mobiltelefon benutzt werden [3].

Unzulässig ist ein Anruf, wenn dieser dazu genutzt wird, erst herauszufinden, welche Mitarbeiter überhaupt beim Konkurrenten arbeiten und damit für die eigene offene Stelle in Betracht kommen.

Nach dem LG Bonn [4] liegt eine unzulässige Kontaktaufnahme vor, wenn ein Headhunter gegenüber der Telefonzentrale des kontaktierten Arbeitgebers über seine Identität falsche Angaben macht, um zu dem gewünschten Mitarbeiter durchgestellt zu werden.

[1] BGH Urt. V. 04.03.2004 - I ZR 221/01 – Direktansprache am Arbeitsplatz I.
[2] BGH Urt. v. 22.11.2007 - I ZR 183/04 – Direktansprache am Arbeitsplatz III.
[3] BGH Urt. v. 09.02.2006 - I ZR 73/02, - Direktansprache am Arbeitsplatz II.
[4] LG Bonn, Urteil vom 03.01.2013 - 14 O 165/12.

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