Wichtige Entscheidung des BAG zum sog. „Gender Pay Gap“ von Männern und Frauen

Das Bundesarbeitsgericht (Urt. v. 16.02.2023, Az. 8 AZR 450/21) entscheidet, dass eine Frau Anspruch auf gleiches Entgelt für gleiche oder gleichwertige Arbeit hat, wenn der Arbeitgeber männlichen Kollegen aufgrund des Geschlechts ein höheres Entgelt zahlt. Daran ändert nichts, wenn der männliche Kollege ein höheres Entgelt fordert und der Arbeitgeber dieser Forderung nachgibt.

Die Klägerin ist als Außendienstmitarbeiterin im Vertrieb beschäftigt und begehrte von der Beklagten Zahlung rückständiger Vergütung. Sie ist der Auffassung, die Beklagte müsse ihr ein ebenso hohes Grundentgelt zahlen wie ihrem männlichen Kollegen, da sie die gleiche Arbeit wir ihr Kollege verrichte. Des Weiteren begehrte sie die Zahlung einer angemessenen Entschädigung, da die Beklagte sie beim Entgelt aufgrund des Geschlechts benachteiligt habe.

Nach der Entscheidung des BAG hat die Klägerin einen Anspruch nach Art. 157 AEUV, § 3 Abs. 1 und § 7 EntgTranspG auf das gleiche Grundentgelt wie ihr männlicher Kollege. Denn die Beklagte hat die Klägerin aufgrund ihres Geschlechts dadurch benachteiligt, dass sie ihr ein niedrigeres Grundentgelt gezahlt hat als dem männlichen Kollegen, obwohl beide gleiche Arbeit verrichteten. Rechtlicher Ausgangspunkt für diese Entscheidung des BAG ist § 22 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen des Geschlechts vermuten lässt, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat. Übersetzt auf den hiesigen Fall bedeutet dies, dass der vorgetragene Umstand des niedrigeren Grundentgelts gegenüber dem männlichen Kollegen bereits die Vermutung des § 22 AGG begründet, dass eine Benachteiligung aufgrund ihres Geschlechts vorliegt. Insoweit kam die Beklagte ihrer Beweislast, darzulegen, dass kein Verstoß hiergegen vorliegt, nicht nach.

Nichtsdestotrotz bleibt eine unterschiedliche Entgelthöhe anhand objektiver und geschlechtsneutraler Differenzierungskriterien zulässig. Solche zulässigen Differenzierungsmerkmale sind insbesondere die Betriebszugehörigkeit, Berufserfahrung und unterschiedliche Qualifikationen.

Dem Antrag auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG, wonach wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, der oder die Beschäftigte angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann, kam das BAG teilweise nach.

Fazit

Die Entscheidung des BAG hat im Hinblick das Schließen des sog. „Gender Pay Gap“, also der geschlechtsspezifischen Lohnlücke, eine wichtige Bedeutung. Arbeitgeber müssen den Grundsatz der Entgeltgleichheit beim Abschluss von Arbeitsverträgen berücksichtigen, soweit keine sachlichen und geschlechtsneutralen Differenzierungskriterien eine unterschiedliche Entgelthöhe rechtfertigen. Im Übrigen bleibt die Veröffentlichung der Entscheidungsgründe abzuwarten.

Dr. Christopher Salm

Rechtsanwalt

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